Donnerstag, 10. Mai 2018

Sag bescheid, wenn es Zeit ist zu bleiben, dann bleibe ich. Was soll ich sonst auch machen: Es wird schon gehen. Wenn es was zu verstehen gibt, versteh ich dich!


Sein erster Satz beschreibt meinen Kaffee Konsum, seine Rücksicht darauf, sodass er nicht mal seinen Kaffee getrunken hat, damit wir ihn zusammen trinken. Immerhin bräuchte ich ja immer Kaffee und er hat sonst nur sehr wenige, er korrgiert gar keine Freunde, die mit ihm Kaffee trinken. M. erinnert sich an so vieles von uns. An alles. Als wäre es ihm genauso wichtig wie mir, aber das ist es nicht. Wir gehen also zwei Kaffee, drei Bier trinken. Er kennt mich vielleicht wie niemand zuvor. Wie jemand, dem ich mich in dem Glauben geöffnet habe, dass wir ein Paar werden. Ein Wir. Und wir wären ein fantastisches Wir. Wir sind uns so ähnlich, ergänzen uns so perfekt. In allen Themen, in den meisten Gefühlen über Etwas, nur halt nicht über das eine. Ihr wisst schon. Vielleicht denkt jetzt jemand, dass ich ja schon Beziehungen geführt habe und das ist richtig, aber niemals mit so viel Gefühl. Niemals mit so viel Herz. Man könne sagen: auch niemals mit so viel Sicherheit, dass es richtig wäre.

Das Treffen wurde geplant, weil ich geäußert habe, dass ich noch ein Geschenk zu seinem inzwischen seit einem Monat vergangenen Geburtstag habe und ich eigentlich dachte ihn in der Uni zu sehen. Aber das tun wir nicht. Zumindest nicht offiziell. Was sich so anfühlt als hätte jemand den Alltag, meinen Alltag, genommen und ihn in der Luft zerrissen. Aus jeden Mittwoch, wurde nichts. Nicht nur die Hoffnung wurde genommen, sondern auch die Existenz, die Präsenz, seine Präsenz. Und so wenig manchmal bei unseren wöchentlichen Gesprächen herumgekommen ist, so fehlt mir jede Kinoempfehlung, jede Familiengeschichte und jede Musikanektode. Alles an ihm fehlt meinem Herz trotz der drei Monate „Abstinenz“ und „Erkenntnis“ der Lage. Auch wenn ich nicht weiß, wie viel ich wirklich verstanden habe. Wenn Menschen einmal als perfekt erkannt wurden, ist schwer los zulassen und wieso auch? Es gibt ja nichts "Falsches" an ihm. Es gibt nur eben keine Gefühle für mich in ihm (und vielleicht macht es ihn umso perfekter). Was an mir "zu viel" ist, ist an ihm "zu wenig". Ein Ungleichgewicht, eine Störung der Balance. Und während es ihn wenig aus der Balance wirft, wirft es mich vom Hochpunkt zum Tiefpunkt. Sagen wir kurz vor diesen, denn ich habe ihn nicht ganz verloren. Er ist noch da. 

"Menschen wie du", er unterbricht, "Du, da ich keine vergleichbaren Menschen kenne, sind einfach das Optimum für mich. Auf der einen Seite wahrhafte Philosophin, auf der anderen Seite Fußballfan . Das ist die Hoffnung des Menschheit". Wir haben uns lange über Klischee-Fans und den Unterschied zu anderen Ländern und anderen Sportarten unterhalten, bis er gefragt hat, ob ich auch viel Fußball gucke. Eine Sache, die an ihm vorbeigegangen zu sein scheint, aber ja nicht besonders unerheblich in meinem Leben ist. Und gerade der Punkt, dass der Akademiker ebenso in der Kurve steht, macht für mich Fußball auch ein stückweit aus.

Er sitzt mir gegenüber im Anzug, mit Hemd, die Haare etwas kürzer als sonst, aber immer noch Er. Ich gebe ihm in einem stilleren Moment, nachdem wir die Kino-Landschaft der letzten Wochen gesprochen haben, sein Geschenk. Er fragt, ob er erst den Umschlag öffnen soll oder das Paket. "Ist mir egal, aber fang mit dem Umschlag", sage ich und muss lachen. Teils aus Verlegenheit, teils aus Bekenntnis der Unsinnigkeit meiner Aussage. Er öffnet den Umschlag, zieht die "Geburtstags"-Karte mit dem Spruch "Wer hat dir den Mist erzählt, dass du glücklich sein musst?" [aus einem Theaterstück, das wir zuletzt zusammen gesehen habem] heraus und sagt Worte, die so wundervoll passend und wundervoll verletztend sind, wie sie nur sein können: "Läge dieses Paket vor meiner Tür und ich würde nur diese Karte sehen, wüsste ich von wem diesem Geschenk ist". Ja, sieh her, das bin ich. Die Person, die du nur an einem Satz erkennst. Die Person, die offensichtlich etwas einmaliges für dich an sich hat. Die übrigens auch etwas einmaliges für dich empfindet. Auf der Karte steht nichts Weltbewegendes, sondern vor allem Anspielungen auf den Film "Der seidene Faden" mit Daniel Day-Lewis, welchen wir beide grandios finden. Passend dazu gibt es im Paket ein Pilze-Buch, eine Packung grünen Bio-Tee und eine CD mit den besten Songs des Jahres bis April. Während die ersten beiden Geschenke passend zum Film sind, ist letzteres eine Anspielung darauf, dass er sich nie Musik anhört, wenn ich ihm diese empfehle, obwohl er dem immer zusagt. Während dem Lesen der Karte und dem Auspacken der anderen Dinge, lacht er von Herzen, freut sich von Herzen. Das kann niemand spielen und vor allem ist M. jemand, der das weder kann noch tun würde. Nachdem er alles genau betrachtet, sieht er mich an und sagt: "Das gehört eindeutig zu den besten Geschenken, die ich je bekommen habe. Das ist genau der Sinn von Geburtstagen: Nicht dieses "diesen Monat bekommst du 25€ im Umschlag und in 5 Monaten bekomme ich die zurückgeschenkt", sondern das hier drückt deine Art aus, ist unglaublich kreativ und gefällt und passt perfekt zu mir. Verflucht gut, herzlichen Dank". Dann umarmt er mich. Und in mir schlägt das Herz hoch, wegen der Freude, der wahren positiven Emotion und fällt dann ganz langsam wieder zusammen. Sein Zusatz folgt: "Du hast zwar erst im September Geburtstag, aber ich habe das Gefühl, ich muss jetzt anfangen nachzudenken, um auch nur annäherend dem gleich zu kommen", sagt er und versteckt sich hinter seiner Hand in dem Glauben, dies nicht zu schaffen.

Ich bin verliebt wie an Tag 1. Eine Wahrheit, die ich mir unter Tränen in der Bahn eingestehe. Eine unerschütterliche Wahrheit. Und es zerreißt mich. Es tut weh. Ich weiß nicht, ob ich weinen oder laut schreien sollte. Oder einfach beides. Ich fühle mich als ob ich verblute, ohne zu bluten, mit zu viel Blut. Vielleicht tut dieses Jetzt noch mehr weh als der Zustand vorher. Aber ich weiß, dass es ein "Ganz ohne Ihn", ein "Ganz ohne mich" ist. Und solange es dieses Bisschen von ihm gibt, gibt es halt auch noch ein bisschen von mir. Und das ist immerhin besser als nichts. Denke ich.

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