Dienstag, 28. Juni 2016

Sage nichts, denk' nur laut. Tauche erst wieder auf, wenn Liebe nicht mehr laut ist. Und wieder warten auf das Endorphin. Endlich wir, endlos fühlen.

Ich sitze vor dem Philo-Gebäude und denke gerade darüber nach, dass ich vor 10 Minuten Philipp gesehen habe, aber mein Mut erneut verschwunden war, nachdem er nicht alleine herumlief. In meiner Welt ist es merkwürdig jemandem nach einem Treffen zu fragen, wenn jemand drittes Unbekanntes dabei ist. Demnach war ich irgendwo zwischen: "Ich habe sowieso keine Zeit für den ganzen Scheiß" und "Wieder einmal wird ein guter Typ keine Ahnung davon haben, was ich denke, nur weil ich den Mund nicht aufbekomme." Kurz bevor eine meiner Stimmen mit "Liegt daran, dass du nie wahre Gefühle entwickeln kannst", anfängt, fragt mich eine ältere Frau, ob sie sich zu mir setzen kann. Nun gut, ich verstehe die Frage nicht, denn die Uni-Tische gehören ja nicht mir.

Sie erzählt, dass sie Dramaturgin war/ist und all ihre Geschichten danach vertieften den Eindruck, dass es wahr ist. Momentan studiert sie als Gasthörerin, weil sie sich weiterbilden will, weil sie aktuell bleiben möchte bei den ganzen jungen Menschen, die neu in die Branche kommen. Sie schreibt gerade ihre Doktorarbeit über Büchner und Lessing. Sie hat mal Philosophie studiert, wurde aber nie Lehrerin, so wie angestrebt, denn das Theater kam dazwischen. Sie ist begeistert von der Auswahl der Bücher, die auf meinem Tisch liegen. (Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse" und "Genealogie der Moral") Dann erzählt sie Geschichten von früher, davon wie sie "herumgehurt" hat und das ihre ganze Generation gemacht hat. Und ich dachte mir, dass sich dann zu heute doch eigentlich nicht viel geändert hat. Eigentlich kenne ich jetzt ihr ganzes Leben. Irgendwann empfielt sie mir, mal eine psychatrische Anstalt zu besuchen. Erschrocken blicke ich sie an: "Und wieso?" - "Ich habe da viel gelernt. Und die suchen immer wieder freiwillige. Ich glaube, sie hätten ein Händchen dafür manche Probleme auch ohne diese ständigen Tabletten zu lösen." Ich nicke nur und denke mir meinen Teil. "Ich rede die ganze Zeit von meinem Freund. Sie haben keine Beziehung, oder?" Erneut blicke ich sie unverständlich an. "So offensichtlich?" - "Nicht wegen Ihnen direkt. Sie sind einfach zu intelligent. Intelligente Frauen machen Männern Angst und sie machen ordentlich Schrecken. Aber ich kann Ihnen sagen, irgendwo gibt es so einen Mann." Ich grinse nur leicht und sage ihr, dass ich den Glauben nie ganz verloren habe.


Nach dem Gespräch war mir klar, dass die Welt von Sex und Geld dominiert wird. Und ich habe beides nicht. Aber immerhin bin ich intelligent. Ein hoffnungsvoller Trost in einer traurigen Gesellschaft.

2 Kommentare:

  1. oO das war das wort zum sonntag! weltklasse :p da wär ich gerne dabei gewesen. gute instinkte, viele richtige einschätzungen, viel weniger kann man bei einer germanistin und einer philosophin auch nicht erwarten. das muss man wirklich schon einräumen, einfach starkes wortspiel. intelligenz bei mathe liegt nahe, ob dass die alte dame auch wusste, aber gewiss gibt es nicht viel interessantere menschen als dich, das ist schon ein faszinierendes paket :D in dem sinne...
    (allein ich hab no ne ma also sprach zarathustra gelesen, beschämend, aber als ökonom nachsehbar)

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  2. Faszinierendes Gespräch. Mich überrascht es immer wieder wie viele unglaublich interessante Menschen du auf deinem Uni Weg triffst, sowohl in gleichaltriger, als auch in erfahrenerer Hinsicht (oh gott, ist das überhaupt ein existentes Wort?? Hilfe)

    Übrigens bin ich gerade mächtig stolz auf mich dass ich zwei Mal in Folge wusste woher deine Post Titel stammen. Ich lerne ja doch noch.

    Liebste Grüße und bis zur nächsten Nachricht :)

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