Das Problem bin ich. Ich mein ich hab mein Herz am rechten Fleck, doch den Kopf auch. Ist schon ok. Los hasst mich! Ich habs verdient. Wie kann ich vor mir selber sicher sein?

Meine Nacht war erneut ein Horror. Ein Horror ohne Blut, ohne Tabletten. Ich träume jede Nacht davon. Jede Nacht durchlebte ich  bisher Samstag erneut. Nur die Szene mit Benny und von mal zu mal, machen die Stimmen mich dabei kaputter. Überall waren seine Hände, da wo sie nicht hingehören, wisst ihr. Ich lasse mich niemals anfassen, nein niemals. Durch den Alkohol habe ich mich nicht gewehrt, nicht schnell genug zumindest. Nicht schnell genug, sonst würde ich nachts nicht diese Träume haben. Den ganzen Morgen saß ich, mit den Armen meine Beine umschlungen im Bett und mein Kopf flüsterte, dass ich mich niemals wieder anfassen lasse.

Irgendwann mittags gehe ich duschen, versuche zum gefühlten achten Mal nach Samstag meine Schande abzuwaschen, die Erinnerungen zurückzulassen, weil sie nichts angerichtet haben, weil sie egal sind. Ich gehe in die Stadt, die Menschen schauen mich an, denke ich zumindest. Sie lachen mich aus. Rufen: "Seht, wie die Schande umherläuft. Sie glaubt wohl wirklich, dass wenn sie laut Musik hört, uns überhören kann." Es sind nicht die Menschen. Es sind die Stimmen, die verfluchten Stimmen in mir. Ich bin der einzige Mensch, der mir nicht verzeihen kann, zumindest nicht ganz.

Nachdem ich in der Wäscherei erfahren habe, dass man seit Jahren keine Kleidung mehr dort färben kann, bin ich noch deprimierter, weil so mein Abiballoutfit nicht funktioniert. Ich muss es selbst färben, mal schauen, wie das wird. Ich geh in ein Geschäft für Unterwäsche. "Kann ich Ihnen helfen?", fragt die Verkäuferin. Ich schüttele den Kopf. Nein, nicht wenn sie nicht alle Spiegel verhängen können. Ich suche mir drei Dinge, probiere sie an. Ich stehe vorm Spiegel und wie jedes Mal, beginnt der Tumult in meinem Kopf. "Oh, wie schön. Aber wofür kaufst du das? Du bist ein Schandfleck, niemand sieht dich jemals so." "Fettes Stück." "Du brauchst das für deinen Abiball? haha, ist das der Abend an dem jeder eine Begleitung hat, nur du nicht?" "Du musst weniger anziehen, dann kannst du dich besser verkaufen, und vielleicht würde sogar jemand für dich bezahlen." Augenblicklich ziehe ich mich wieder vollständig an. Ich kaufe zwei Dinge, ohne sie anprobiert zu haben und laufe weg. Weg vor mir selbst, der einzige Mensch, der mich verachtet. Ich hatte niemals einen Spiegel in meinem Zimmer. Und ich glaube, das wird auch für immer so bleiben. Denn wenigstens in meinem Zimmer bin ich sicher. Sicher vor mir selbst.