Mittwoch, 17. Februar 2016

Kipp mir Cola in den Wein. Auf unser heimlich Beieinander daheim. Auf unser hätte hätte. Aufs Verpassen. Ich weiß im Morgengrauen sind Wir vorbei.

Freitagnacht: Tim und ich schreiben noch immer durchgehend. Keine Nachricht ist weniger als 50 Zeilen lang. Er möchte schlafen gehen und zitiert Faust. "Ich bitt Euch, Freund, es ist tief in der Nacht, Wir müssen's diesmal unterbrechen." Ich sitze in meinem Bett und schlafe bald darauf mit tiefster Seligkeit ein.

Samstag: Er verbringt den Abend mit seiner Freundin. Den ersten Abend seit Montag, den letzten bis heute und wer weiß, wann er sie sieht. Er entschuldigt sich dafür, dass ich denken könnte, dass er mich ignoriert. Eigentlich beendet man ein Gespräch nicht mit "War Fußball eigentlich gut?", wenn man bei seiner Freundin ist. Dann stellt man keine Fragen mehr. Er schreibt einfach weiter, schreibt, dass ich gut nach hause kommen soll. Ich schreibe ihm nachts, dass ich gut nach hause gekommen bin. Er schreibt eine Minute später zurück: "Okay super danke. Hoffe es war schön. Dann schlaf später gut". Ich frag mich, was sie dazu sagt. Ich frage mich, was meine Rolle in dem Drama ist.

Sonntag: Wir schreiben wieder Romane per Whatsapp, über alles, was uns in den Sinn kommt. Es ist Valentinstag. Er erklärt, dass er nicht bei seiner Freundin ist, weil er den Tag nicht braucht. Sie auch nicht. Er schreibt lieber mir ein Gedicht. Nichts romantisches. Aber etwas besonders. Wir reden über Ra., weil wir über Beziehungen reden. Über ehemaliges. Er hatte bisher 3,125 Beziehungen, 3 richtige und eine, die keine wurde, aber fast eine war. Ich stelle fest, dass wir innerhalb einer Woche von Smalltalk wie "Wie gehts dir?", zu "Wieso sind eigentlich Beziehungen gescheitert" gekommen sind. Ich finde, das fortschrittlich.

Montag: Ich sitze neben C. in der Uni vor der Cafeteria. Sie sagt immer wieder, dass sie ihn nicht versteht. Und egal, mit wem ich rede, niemand tut das. Irgendwann laufen Tim und N. an uns vorbei, ich grüße nett. "Jetzt gehen die Kaffee trinken", sage ich und bin froh, dass er mal was mit ihr macht. 10 Minuten später kommen sie wieder raus. "Sein Ernst?", fragt C mich. "Wie lange hat das bei euch gedauert letztes Mal?" Ich verdrehe die Augen. "So eine Stunde", murmele ich. Gut eine Stunde später kommt die Frage, ob ich nicht einen Kaffee mit ihm trinken möchte. Er sei fertig mit Lernen. In dem Moment schließt die Cafeteria. Ich schreibe ihm das und er kommt trotzdem bei uns vorbei, weil er sich mein Lieblingsbuch leihen will. Er fragt mich, ob wir woanders einen Kaffee trinken. Ich wundere mich über seine Hartnäckigkeit. Wir gehen und unterhalten uns. Wir reden jetzt so offen wie wir schreiben. Die Blicke werden intensiver. So als könnte man doch Gedanken lesen oder dem anderen in die Seele blicken. Nach 2 Stunden gucke ich kurz aufs Handy und teile ihm die Uhrzeit mit. "Dein Ernst? Wir sitzen doch gerade erst hier". Ich nicke. Wir umarmen uns zum Abschied. Er zögert die berühmte eine Sekunde als wollte er noch was sagen. Als könnten sich unsere Blicke nicht trennen. Dann gehen wir auseinander. 10 Minuten später schreiben wir wieder. Kontaktlosigkeit verboten.

Dienstag: Ich habe den Plan nicht zur Uni zu fahren. Ich brauche Abstand. Er macht mich zu verliebt mit jeder seiner Einzelheiten, die wären als hätte ich sie erfunden. Er ist kultiviert und intelligent und hat dennoch den gleichen Geschmack wie ich, was weniger niveauvolle Dinge angeht. Er hört Rap, er guckt das Vbt, er geht gleichzeitig ins Theater und liebt Literatur. Ich überrasche ihn ständig mit Dingen, die mir vor anderen oft peinlich sind. Ich merke, wie selten ich so ehrlich bin. Doch wie ehrlich ist er? Er stellt Fragen, die sich andere bei mir nicht trauen würden. Er stellt überhaupt fragen. Er interessiert sich für mich. Er ist ein guter Mensch, glaube ich. Plötzlich schreibt er mir, dass er heute abend, was machen will. Mit mir und anderen. Komischerweise fragt er nur eine andere Person, die nicht kann. Ich bin nervös. Er sagt mir, dass ich nicht kommen muss, wenn ich nicht will. Er zwingt mich zu nichts. Aber die Vorstellung von uns beiden allein gefällt mir. Ich fahre zu der Kneipe. Wir reden über 4 Stunden, fast 5 durchgehend. Wir trinken zwei, drei Bier. Ein, zwei Whisky. Er gibt mir jeweils was aus. Es ist nicht nur die Quantität unserer Gespräche, sondern auch die Qualität. Es ist unfassbar, was zwei nicht komplett ungebildete Menschen mit gleichen Interessen fabrizieren können. Wir scherzen, dass wir mit Büchern einfach abhauen und große, kreative Köpfe werden. Während des Gesprächs wird es immer voller und lauter in der Kneipe. Wir rücken näher zusammen. Er streift beim Gestikulieren zwei, dreimal meinen Oberschenkel. Einmal meinen Arm. Uns fällt auf, dass gleich meine letzte Bahn fährt. Wir laufen zur Haltestelle, er bringt mich noch weg. "Ich fand es toll, dass du gekommen bist", sagt er. "Ich fand den ganzen Abend richtig gut. Du überrascht mich wieder. Das ist faszinierend", ergänzt er. Ich würde mein Herz gerne öffnen. Würde gerne, was sagen, was romantisch oder poetisch klingt, etwas, das zu uns passt. "Ich fand es auch gut. Es hat sich gelohnt gekommen zu sein", stottere ich. Mein Herz kannst du erst haben, falls du jemals Single sein wirst. So sind die Regeln.

4 Kommentare:

  1. Das hört sich ja wirklich wundervoll an ♥
    Ich freue mich richtig für Dich!
    Und ich hoffe, das daraus mehr wird, das daraus eine große, schöne Geschichte wird!
    Und ich kann es kaum erwarten wie die Geschichte weiter geht! ♥

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  2. Hilfe, dieser Kerl macht es einem aber ehrlich nicht leicht, er klingt viel zu gut und viel zu verführerisch, auf seine eigene und vermutlich unbeabsichtigte Weise. Es wäre komisch, wenn er seine Freundin links liegen liese, aber das tut er nicht.

    Ich wünsche dir einfach weiter alles Gute mit diesem undurchschaubaren Poeten.

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  3. oder wie kafka gesagt hätte: "wenn man einander schreibt, ist man wie durch ein seil verbunden". es ist dein, nein, euer glück, dass er auch der worte goethes freund ist, ich wäre an der seite schiller's schon wieda sehr viel pessimistischer, in dessen reflexion ausgedrückt: "ich fürchte nichts - nichts - als die grenzen deiner liebe" oder, um im bild zu bleiben, "das schwere herz wird nicht durch worte leicht". jedenfalls wäre es da interessant, in welchem akt das drama gerade ist - aus deiner warte; m.E. ist es immer noch exposition^^ wobei ein drama stets in einer katastrophe endet, ob/für wen das hier so sein wird, ist nicht (ab)sehbar, weil wenn es seine freundin nicht stört, dass er in ihrem beisein lieber mit dir schreibt, dann wird ihr die sache mit ihm nicht wichtig sein können, wenn ihr im nächsten akt zusammenkommt ;-)
    der letzte abschnitt ist eine selbstverständlichkeit und gerade desw is er wohl auch so besonders, denn natürlich muss jmd interesse an einem haben und neugierig sein, die natürliche abgrenzung zu langeweile und oberflächlichkeit, aber die is bei vielen menschen offensichtlich seltenheit geworden, wenn man beginnt sie ins besondere zu heben. regel stimmt. gl (mein ganzer neid sei dir ;-))

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  4. Ich verstehe diesen Jungen auch nicht. Aber kommt Zeit, kommt Rat. Was ich aber inständig hoffe, dass er nicht blind oder taub ist und er dich durch eine Unachtsamkeit schmerzlich verletzt. Ich wünsche dir alles Gute, pass du bitte auch auf dich auf <3

    Und um auf deine Frage einzugehen. Wenn ich ehrlich bin, hat ihm mein Herz von Anfang an gehört. Er war nur so kurz Teil meines Alltags, aber er hat alles einmal besser gemacht. Bis ich mich dagegen gewehrt hab und ihm das Herz gebrochen habe. Vielleicht behält er ja meines jetzt als Ersatz? Darüber kann ich sogar schmunzeln. Irgendwann komm ich schon noch los davon. Irgendwann kommt mein Herz schon wieder zurück zu mir.

    In Liebe...Nanouk

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